Ausflug in die Psychologie: Hilft Optimismus beim Sprachenlernen?

  • Veröffentlicht von Linguis @ 2011-02-27 – 11:53:11

    Es wäre Unsinn, behaupten zu wollen, dass es Pessimisten nicht möglich sei, Fremdsprachen zu erlernen.
    Und dennoch: Optimisten haben es leichter!

    Vor einiger Zeit habe ich im Rahmen der vom Wiener Standard organisierten Vortragsreihe „Erfolgsimpulse“ einen Vortrag von Florian Langenscheidt, dem Autor des Buches „Das Wörterbuch des Optimisten“, mit dem Titel „Die wichtigste erneuerbare Energie: Optimismus“ besucht. Der Standard hat mir diesen Besuch freundlicherweise ermöglicht, herzlichen Dank dafür.

    Dabei kam mir in den Sinn, einmal über andere Voraussetzungen des Sprachenlernens zu schreiben als über die allgemeinen Vorgaben wie Lernfähigkeit, Sprachentalent, Sprechfertigkeit und was es sonst noch so alles gibt in diesem Zusammenhang.

    Jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeitsstruktur, seine eigenen Glaubenssätze. Diese bestimmen weitestgehend sein Leben, seine Laufbahn und sein Schicksal mit. Im Leben vieler Menschen ist auch das Sprachenlernen ein Teil ihres Lebens, ein Teil ihres Schicksals, egal ob es sich dabei um die Muttersprache, eine Zweitsprache oder eben um Fremdsprachen handelt. Daher ist es auch nicht unwesentlich, ob man beim Sprachenlernen mit Optimismus an diese Aufgabe herangeht oder nicht.

    Ich habe mir die Schlagworte des Vortrags notiert, möchte Ihnen diese natürlich auch nicht vorenthalten, sie aber auf unser Hauptthema, das Sprachenlernen, umlegen:

    Die Grundeinstellung


    Sicher ist es so, dass viele Menschen aufgrund schlechter Erfahrungen, sei es von der Schule her, sei es von ineffizienten Kursen oder auch von persönlichen Schwächen her dem Sprachenlernen gegenüber negativ eingestellt sind. Das Gute daran ist jedoch, dass sich die Grundeinstellung der oder des Einzelnen ändern lässt, wenn dieseR es auch wirklich will.

    Wie ist Ihre persönliche Grundeinstellung zum Sprachenlernen? Gehen Sie positiv an die Sache heran, freuen Sie sich auf die Aufgabe und Ihren späteren Erfolg?

    Schaffen Sie es, sich in Gedanken auszumalen,

    - wie viel Freude Sie daran haben werden, sich mit anderssprachigen Freunden zu unterhalten, viel Spaß dabei zu haben und neue, interessante Kontakte knüpfen zu können?

    - wie toll es ist, Lieder, Bücher, Filme, Vorträge und anderes in der neuen Sprache zu verstehen?

    - wie genußvoll es sein kann, in einem jener Länder unterwegs zu sein, dessen Sprache Sie bald sprechen werden und wo Sie sich nun ungezwungen bewegen können, im Vertrauen darauf, kritische Situationen aufgrund Ihrer Fähigkeit, sich den dortigen Menschen mitteilen zu können, auch zu meistern?

    - eine Geschäftsreise, einen Kongreß, eine ganz wichtige berufliche Besprechung erfolgreich absolvieren zu können und dabei Anerkennung und Genugtuung zu erfahren, egal jetzt ob von anderen oder – noch wichtiger –von sich selbst?

    - wie aufregend es ist, in dieser Sprache neue Themen zu erarbeiten, ein höheres Niveau anzustreben, mehr Sicherheit und dadurch auch ein gesteigertes Selbstwertgefühl zu erlangen?

    - welches kribbelige Gefühl eines beginnenden Abenteuers es ist, in der Folge das Erlernen der nächsten Fremdsprache anzugehen?

    Es gäbe noch viele andere gute Möglichkeiten, sich Erfolge im Zusammenhang mit neuen Fremdsprachen und deren Kenntnissen auszumalen. Versuchen Sie es einfach und wenn Ihnen dazu Wesentliches einfällt so wird es mich freuen, wenn Sie es uns allen als Kommentar hier wissen lassen.

    Sobald Sie es schaffen, all diese positiven Aspekte in Ihren Gedanken zu verankern, wird sich Ihre Motivation in bisher ungeahnten Höhen bewegen und Sie werden rein zwangsläufig zwei andere wichtige Eigenschaften erhalten, die für das Sprachenlernen ebenso wichtig sind:

    Mut und Zuversicht

    Ich kenne einige wirklich kluge und gebildete Menschen, die nur oder vorwiegend deshalb Schwierigkeiten mit dem Erlernen von Fremdsprachen haben, weil sie sich nicht dazu überwinden können, diese auch anzuwenden. Sie leben in der Furcht, sich durch Fehler zu blamieren.

    Eine solche Einstellung hemmt gerade beim Fremdsprachenlernen ganz besonders, sie kommt aber nicht von ungefähr. In vielen Lehrbüchern steht zu lesen, man möge dies oder jenes nicht tun, um sich nicht Falsches oder Fehler einzulernen und einzuprägen, unser ganzes Schulsystem ist darauf ausgerichtet.

    Das Erwerben einer Fremdsprache ist jedoch ein langer, wenn man ein hohes Niveau anstrebt mitunter ein sehr langer Weg. Ein Weg, der durch stetes Lernen, immer auch mit Korrekturen verbunden, durch die Reaktion auf Falsch und Richtig mitbestimmt wird und es gehört zu den Freuden des Sprachenlernens, wenn man plötzlich merkt: Jetzt hab ich’s, jetzt kann ich es!

    Deshalb ist es weitaus besser, das Risiko des Einlernens von Fehlern zu akzeptieren ohne sich bei Auftreten derselben zu genieren anstatt vor lauter Furcht vor einer etwaigen Blamage überhaupt die Finger davon zu lassen.

    Das wesentlichste Element erfolgreichen Sprachenlernens ist immer noch, alles einmal Erlernte aktiv anzuwenden, möglichst rasch und immer wieder, egal jetzt ob beim Sprechen oder beim Schreiben, optimal natürlich in der Kombination von beidem.

    Daher:
    - Sagen Sie beim Sprachenlernen stets Ja statt Nein!
    - Just do it! Sprechen Sie, sprechen Sie was das Zeug hält, denn nur Übung macht den Meister!
    - Eine gesunde Portion Optimismus macht es Ihnen sicher möglich!

    Viel Erfolg!


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Kommentare 7

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    • Jan7777 (Besucher) • Beste Grüße aus Hannover Jan

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    • Jann (Besucher) • Web Link nicht sprachenrelevant, sorry! • 2012-08-16 @ 13:18:11 Hallo Linguis, das ist ein sehr guter Artikel, dem ich in jedem Punkt zustimmen kann! Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht: ich bin im Sommer mit einer Gruppe Italienerinnen gewandert, die kein Deutsch (und ich nicht das geringste bisschen Italienisch) sprachen. Meine Einstellung zu Fremdsprachen ließ es nun freilich nicht zu, schweigend neben diesen Frauen herzulaufen und so habe ich ich mir vorgenommen, mich am Ende der Woche unterhalten zu können.Das war mir Motivation und fester Vorsatz. Ein Plan, der mir durch sieben Tage-langes Vokabeln- und Grammatikerfragens, Muttersprachlernervens und stundenlangen Sprechversuchen auf dem sprachlichen Niveau eines Kindergartenkindes letztendlich auch gelungen ist.

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    • Dan liebt Sprachen Lernen (Besucher) • Web Link leider obsolet • 2012-03-14 @ 11:59:49 Ich lese gerade "The brain that changes Itself" von Norman Doidge ... es ist erstaunlich, wie sehr unser Gehirn verändert unter Beanspruchung. Mit Veränderung ist hier wirklich messbares Wachstum oder Schrumpfung von Hirnarealen zu beobachten. Für Kinder ist eine solche Anpassung des Gehirns ganz einfach...volle Aufmerksamkeit - die Voraussetzung - erreichen Kinder ganz leicht. Erwachsene können die selben Hirnanpassungen erfahren - zB beim Lernen einer Sprache. Dazu ist aber ebenfalls ungeteilte Aufmerksamkeit vonnöten...was uns Erwachsenen schwerer fällt... hier kommen wir zum Optimismus...Optimismus ist ein starkes Gefühl, was hilft sich stark zu fokussieren. Immerhin ist man optimistisch, die Aufgabe - Sprache - zu lösen/erlernen. Deshalb bestätigt die Hirnforschung die Psychologie...starke Gefühle verändern das Hirn... Dan

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    • BernhardL (Besucher) •

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    • Angelika Amrhein (Besucher) •

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    • Tabby (Besucher) • 2011-11-23 @ 23:51:21 Hallo Linguis, das ist ein sehr guter Artikel, dem ich in jedem Punkt zustimmen kann! Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht: ich bin im Sommer mit einer Gruppe Italienerinnen gewandert, die kein Deutsch (und ich nicht das geringste bisschen Italienisch) sprachen. Meine Einstellung zu Fremdsprachen ließ es nun freilich nicht zu, schweigend neben diesen Frauen herzulaufen und so habe ich ich mir vorgenommen, mich am Ende der Woche unterhalten zu können. Das war mir Motivation und fester Vorsatz. Ein Plan, der mir durch sieben Tage-langes Vokabeln- und Grammatikerfragens, Muttersprachlernervens und stundenlangen Sprechversuchen auf dem sprachlichen Niveau eines Kindergartenkindes letztendlich auch gelungen ist. Und jetzt... ...nun ja, jetzt unterhalte ich mich im Italienischen wohl immer noch auf dem Niveau eines Kindergartenkindes Letztendlich denke ich, die Motivation ist das allerwichtigste beim Sprachen-, aber auch im Detail beim Vokabellernen. Wenn man sich fest vornimmt, sich genau dieses Wort jetzt unbedingt zu merken, so gelingt es meiner Erfahrung nach auch. Klar, nachdem man es stundenlang wütend angestarrt hat, ist es auch gespeichert.

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      Hallo Tabby, herzlichen Dank für Ihren Beitrag, es würde mich freuen wenn Sie sich einmal kurz melden. Bei Gute Fragen sind Sie ja leider nicht mehr aktiv.